Akitves Wohnen
Ich möchte gerne mit der Praxis ein aktives Wohnen für ältere Menschen schaffen. Hört sich wie eine regionale Werbung an, ist aber echt interessant. Betreutes Wohnen oder Versorgungen zu Hause, schon alleine nur durch Sozialstationen, sind teuer, die Patienten zahlen hier je nach Versorgungsform häufig 1000 bis 3000 Euro im Monat dazu, trotz der Unterstützung durch die Pflegekassen. Einsam ist es trotzdem für viele und die medizinische Versorgung wird so an der langen Kette geführt.
Kenne ich ja selber… Anfrage vom Heim oder der Sozialstation… na, da beantworten wir das Fax halt noch irgendwie… können sich ja wieder melden. Die Rückmeldungen der Menschen sind dann auch unterschiedlich, und die Leute kennen ja auch nichts anderes. Also wechselnde Zeiten, wann sie besucht werden… Tagesplanung ist schwierig. Dann wieder alleine, bis zum Abend… alles wirkt sehr gehetzt… Wohnung und Wäsche bleibt liegen.
Wir erleben die Unterstützung unserer Senioren teilweise als wenig elegant. Einige sind sehr zufrieden, da will man jetzt gar nichts sagen, und die ganzen Menschen in der Pflege versuchen ja wirklich tolle Arbeit zu leisten, aber das sind so die gesammelten Themen der Jahre, und das System gibt das eben nun mal so vor.
Warum ist das so? Nun, die Sozialstationen kommen bei den Menschen zu Hause vor Ort, mal früher und mal später. Trotzdem werden immer nur Zielaufgaben durchgeführt: kleine Wäsche, Medikamente, dann schnell zum nächsten. Danach sind die Menschen häufig wieder alleine und einsam, es gibt keine weitere Aktivierung am Tag und wir von der Praxis bekommen auch nicht wirklich viel mit. Es ist so ein bisschen „aus den Augen, aus dem Sinn“.
Wunden, Verbände, Allgemeinzustand – das wird manchmal noch am Tresen meinen Damen erzählt, die Dringlichkeit ist nicht klar. Wenn wir das mal umdenken: eigenständig mit Unterstützung, aber nicht einsam. Betreuung der Menschen in eigenen Wohnungen, durch die Praxis selber, in unmittelbarer Nähe, durch die Mitarbeiter, die man jahrelang kennt, intensivere medizinische Anbindung, die zu verringerten Krankenhaus-Einweisungen führt. Immerhin können wir ja internistische Spezialisierung...
Das Ganze bräuchte einen Pflegedienst nur, wenn nachts jemand aus dem Bett gefallen ist. Regelmäßige Zeiten, Aktivierungen, Gemeinsamkeit über den Tag, Sicherheit, aber weiterhin eigenständig. Das macht auch alles viel günstiger. Und man kann ganzheitlich nach den Menschen gucken, ohne dauernd die Pflegekasse im Nacken zu haben.
Freilich muss man hier an die Pflegegruppen 2 und 3 denken und nicht an höhere Stufen, das wäre zu viel... macht allerdings 60% der Pflegegrade aus. Ich habe da so meine Ideen und auch schon mit vielen Menschen gesprochen, die wirklich heiß sind auf das Projekt. Noch ein paar REHA-Aspekte über Physio und Ehrenamt, und die Gemeinde muss mit Kindergarten und Schule auch noch mit ins Boot...
Kann ich das heute so erklären, dass die Herren begeistert sind, dann wäre hier mehr als nur eine Idee drin. Schließlich braucht man ja einen Investor. Und zwar jemanden mit Heimatverbundenheit und moderaten Preisen. Die Versorgung wäre preiswerter geplant als üblich und als mit einem Pflegedienst, der zweimal am Tag ins Haus kommt, mit einer Haushaltshilfe oder gar einem Pflegeheim oder aber im klassischen betreuten Wohnen.
Bin demnach auch etwas nervös, aber ich kann mich im Laufe entspannen. Kaffee, Wasser, erstmal plaudern über Who-is-Who und was man schon so Gutes gehört hat voneinander… Aber dann geht es auch schon ins Thema. Ich stelle uns mit unseren Praxen vor und die eigentliche Idee. Ich arbeite die Unterschiede, Kostenpunkte und die Besonderheiten meiner Idee aus, die ich dann im Gespräch entwickele.
Als Präsentation habe ich eine Gedankenreise eines imaginären Bewohners gewählt, der über seinen Tag und sein Ankommen in seinem neuen Umfeld seit 3 Monaten berichtet. Die Herren stellen dann auch einige Fragen, fokussieren sich immer wieder auf das Thema und wir verbringen gute 2 Stunden miteinander. Ich halte das für ein gutes Zeichen… es wird gelacht, gute Stimmung… und ich habe mal gelernt: „Die besten Geschäfte sind, wenn alle Beteiligten lachen können.“
Als wir uns Grundstücke in der Nähe ansehen, betreten wir ein großes Areal in unmittelbarer Nähe, was dem Bauunternehmer wohl auch echt gut gefällt. Er wirkt hier deutlich jünger und agiler, als er vielleicht wirklich alt ist. War wirklich ein gutes Gespräch und wir verabschieden uns demnach auch so.
Ich ergänze noch wegen einer möglichen Vorstellungsmappe für unsere Patienten als Bewohner, aber er winkt ab und meint: „Geben Sie mir 2 Monate zur Überplanung, dann weiß ich, ob daraus was entstehen kann.“
Habe ich auch nicht anders erwartet, zum Schluss zählt das Geld und die Machbarkeit. So ist das eben. Wir können nicht verschenken, was nicht erarbeitet werden kann... eigentlich weiß das jedes Kind. Und so gehe ich doch mit deutlich gehobener Stimmung in den nächsten Termin… mal schauen, was die Zeit noch so bringt.